Sonntag, 11. März 2007

Arbeitspolitik

Heut ist Sonntag, und da sollte entspannt werden. Dummerweise war ich gestern faul, und hab ewig viele Aufgaben zu machen. Donnerstag und vorallem Freitag (denn der war klasse :) werden noch nachgeholt. Jetzt sitz ich grad hier und les ein wenig Spiegel.de (immer wieder lohnenswert, muss ich sagen). Und wie gestern, finde ich auch heute wieder ein paar sehr gute Berichte über China. Heute ists aber leider was recht negatives. Hier erstmal die Links:

Worum gehts? Um Wanderarbeiter, derer es laut dem Bericht hier etwa 200 Millionen geben soll. Es geht um deren Tristesse, und schlechte Lebenslage, wies schlimmer kaum sein kann. Und es geht um ihre Rolle, die sie beim enormen Aufschwung Chinas haben und unseren billigen Produkten haben. Wirklich interessant.

Ein paar Punkte kann ich ja jetzt selber noch beisteuern. Für mich sind diese Berichte jetzt wesentlich greifbarer, als wenn ich sie zu Hause, schön gemütlich in meinem Zimmer gelesen hätte. Hier schau ich aus dem Fenster und seh diese riesigen Hochhäuser. Und ich geh auf die Straße und seh diese enormen Menschenmassen. Aber man sieht auch noch viel mehr, wenn man etwas genauer hinschaut. Z.B. sehr viele Menschen, etwas vereinzelter, die nicht ganz so gut angezogen sind wie alle anderen. Die an den Mülltonnen vorbeilaufen, und da auch mal etwas tiefer reinschauen. Die Müll sammeln oder andere niederste Arbeiten verrichten. Oder man sieht Menschen, die echt miese Jobs haben. Jobs, die bei uns im Leben keiner annehmen würde. Und ich will nicht wissen wie schlecht die hier bezahlt sind. Dazu gehören z.B. Männer und Frauen, die - z.T. mit Mundschutz - den GANZEN Tag aupassen, dass auf den vielbefahrenen Straßen keine Menschen überfahren werden. Auf Deutsch, es sind erweiterte Ampelmännschen, die hin- und herlaufen, und ewig die Abgase, und den Krach aushalten müssen. Ok, es gibt schlimmeres...Ich denk auch die Leute, die hier ewig in der Mensa arbeiten. Manch ein Gesicht sieht man morgens bis abends. Eine Frau steht den GANZEN Tag (die Mensa öffnet um halb acht und schließt abends um 10) hinter der Kasse und nimmt Bestellungen an. Vielmehr hin- und herlaufen hab ich sie noch nicht gesehen. Und genauso guckt sie auch, seeeehr grimmig. Daneben gibt es auch viele wahrscheinlich angenehme Jobs, bei denen man einfach den ganzen Tag rumsteht, und mehr oder weniger etwas bewacht. Eigentlich gibts meistens nix zu bewachen, aber vielleicht muss einfach überall die Autorität ausgespielt werden. Soviele Wachleute wie hier rumlaufen, das ist echt nicht mehr normal. Oft bemerkt man die auch nicht direkt, weil sie ganz normal aussehen, und keine Uniform tragen. Und es gibt immer ewig viel Personal für alles. Ich will nicht wissen, was der Einzelne verdient. In der Mensa z.B. gibt es u.a. Nudeln. Aber diese Nudeln werden nicht wie etwa in unserer Mensa gekauft und gekocht, sondern ALLE frisch gemacht. Anders ausgedrückt, hier ist es billiger Menschenkraft aufzuwenden, die Nudeln zu machen (so richtig mit Kneten), als Nudeln zu kaufen. Das ist natürlich nicht schlimm, aber es ist ein Zeichen für die Mentalität, wie sie hier vielfach vertreten wird. Oder im Endeffekt von den Bossen, die Geld scheffeln (dazu gehören aus unsere netten Firmen), durchgeführt wird. Ein Bekannter (ein Chinese) hat mir erzählt, dass ausländische Firmen z.T. sogar noch schlechter bezahlen, als die chinesischen. Und besonders für Berufsanfänger ist es schwer. Ich meine, diese Leute verrichten hier sogar Facharbeit. Trotzdem haben sie ähnliche Probleme wie die Wanderarbeiter, zumindest was das Geld angeht. So kann man am Anfang froh sein um die 2500 Yuan zu verdienen (250 €). Das stell man sich mal vor, für eine gut ausgebildete Arbeitskraft, studiert usw.). Eine Wohnung kostet mindestens 100 €, dann kommt Essen dazu, die Kosten für die Verkehrsmittel. Da bleibt nicht mehr viel. Und natürlich sind Überstunden fast gar nicht bezahlt, er hat gemeint, pauschal 40 Yuan, egal wie lange. Und natürlich muss man immer sehr lange arbeiten. Morgens um 8 gehts los, und dann vielleicht so bis um 7 abends. Dann muss man eventuell noch ewig weit fahren, da man es sich nicht leisten kann direkt in der Stadt zu wohnen. Dann wird gegessen, Fernseh geguckt und geschlafen. Ich weiß, bei uns ist es manchmal nicht anders. Aber hier scheint das mehr Regel zu sein, für unausgebildete Arbeit ist es sogar noch schlimmer (wie man auch an den Spiegel-Berichten sieht).

Ich will jetzt nicht so negativ klingen, mich haben diese Berichte nur gerade sehr berührt. Und ich weiß genau, dass ich das zu Hause nicht so empfunden hätte. Aber man sieht auch hier in Shanghai noch immer so manch eine Straße, deren Häuser einen sehr schlechten Zustand haben, und deren Bewohner wohl mehr oder weniger als arm gelten können. Das gibts überall, klar. Aber ich persönlich hab das vorher noch nicht so krass gesehen. Und wirklich viel gesehen hab ich ja noch nicht. Nur ein paar Kratzer an der Oberfläche.

Dummerweise kann man so eine Entwicklung als Konsument kaum beeinflussen. Made in China ist mittlerweile Standard, und lässt sich manchmal - vorallem bei Elektronik, und vielen Kleidungs-Marken - fast gar nicht mehr vemeiden. Aber China schadet sich so selber. Mal ein wenig drüber nachdenken.

So, jetzt wird weitergelernt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich betreibe eine kleine Internetseite mit Onlineaktionen und Briefen zum Thema Menschenrechte. Da habe ich auch ein paar Briefe an deutsche und europäische Politiker zum Thema Menschenrechte versus Wirtschaftsinteressen in China reingestellt.
Die Adresse ist www.getinvolved.de --> Menschenrechte --> China (relativ weit unten). Vielleicht magst Du mal in deinem Blogg auf die Seite aufmerksam machen?
Gruß (F.) Benjamin (Schneider)